Photovoice

Datenerhebungsmethode (qualitativ)

Ziel der Methode

Durch die Beteiligung von Personengruppen mit besonderen Mobilitätsbedarfen ermöglicht die Photovoice-Methode, die Nutzendenperspektive in die Mobilitätsplanung einzubeziehen. Photovoice befähigt die Teilnehmenden, ihre Bedarfe, Bewertungen zu Stärken und Schwächen des Viertels sowie Vorstellungen von Zielzuständen zu artikulieren. Die Erfassung ihrer Perspektive und der partizipative Prozess fördern die Sichtbarkeit und das Empowerment der Teilnehmenden.

 

Die Planung kann dadurch sowohl an sozialer Gerechtigkeit als auch an neuen, umfassenderen Perspektiven gewinnen und den Anforderungen einer integrierten Planung gerecht werden. Das Video-, Foto- und Audiomaterial kann für die Visualisierung von Problemlagen sowie Lösungsvorschlägen genutzt werden. Außerdem können die Mobilitätsbedarfe durch ihre Erfassung einen Einfluss auf die Entscheidungsfindungen im Planungsprozess nehmen.

Zielgruppe

Qualitative, partizipative Erhebungsmethoden bieten die Möglichkeit, durch die Selektion des Teilnehmendenkreises bestimmte Zielgruppen explizit in die Bestandserhebung einzubinden. Menschen mit besonderen Mobilitätsbedarfen können die Mobilitätssituation aus ihrer Sicht bewerten und Vorschläge zur Verbesserung des Status quo aufzeigen, die von den Planenden in dieser Form womöglich noch nicht bedacht wurden.

 

Die Photovoice-Methode eignet sich insbesondere für

  • Personen, die weder lesen noch schreiben können oder denen es schwerfällt, sich zu artikulieren,
  • Kinder und Jugendliche, da sie mit Smartphones vertraut sind und Übung darin haben, Fotos und Videos zu machen und auf verschiedenen Kanälen zur Präsentation zu nutzen

Vorgehensweise

  1. Planung und Vorbereitung durch Akquise der Teilnehmenden, Definition des Untersuchungsraums und der -fragen, Festlegung des zeitlichen Ablaufs, Organisation der technischen Umsetzung und Vorbereitung der altersgerechten Einführung in die Erhebung
  2. ggf. Schulung der Mitforschenden (Vermittlung von Zielen, Techniknutzung)
  3. PHOTO: Fotografieren im Untersuchungsgebiet nach Einführung, Gruppeneinteilung und Besprechung der Wegeführung
  4. VOICE: Gruppendiskussionen zum aufgenommenen Material und den Wahrnehmungen (am Veranstaltungstag oder bei einem weiteren Termin in kurzem zeitlichem Abstand zu den Erhebungen)
  5. wissenschaftliche Auswertung
  6. Präsentation und weitere Nutzung der Ergebnisse (ggf. als öffentliche Veranstaltung)

Zu beachten

  • Die Moderation der Veranstaltung sollte dem Alter der Teilnehmenden entsprechend erfolgen und kann bei jüngeren Menschen auch spielerische Elemente enthalten, damit die Konzentrationsfähigkeit erhalten bleibt. Darüber hinaus empfiehlt es sich, den Zeitraum der Untersuchung möglichst kurz zu halten.
  • Die Dokumentation der Ergebnisse kann durch die Nutzung von Apps (z. B. Stadtsache) erleichtert werden. Statt Digitalkameras empfiehlt sich außerdem die Nutzung von Smartphones oder Tablets, da diese über die Möglichkeit verfügen, Daten wie bspw. den Ort der Aufnahme direkt über eine Internetverbindung auf einem Server zu speichern.
  • Die Auswertung der Ergebnisse sollte systematisch erfolgen und vorab geplant werden, um die hohen Datenmengen möglichst effektiv verarbeiten zu können.
  • Durch die Erfassung des Audio- und Bildmaterials bedarf es der Unterzeichnung von Datenschutzerklärungen, damit die Ergebnisse auch für öffentliche Zwecke genutzt werden dürfen.

Akquise der Teilnehmenden

  • Zur Akquise von jungen Teilnehmenden können Schulen, Jugendclubs oder ähnliche Institutionen kontaktiert werden, um eine hohe Teilnehmendenzahl an wenigen Untersuchungstagen zu garantieren.
  • In einem großen Untersuchungsgebiet empfiehlt sich bei der Durchführung von Photovoice mit Kindern und Jugendlichen eine hohe Teilnehmendenzahl (ca. 50). Trotz einer potenziell hohen Anzahl von nicht verwertbaren Aufnahmen können so aussagekräftige Ergebnisse erzielt werden.

Einblicke in die Praxis

Analyseschema der Bilder zur Auswertung der Ergebnisse

Die Analysekategorien zur Auswertung der Aufnahmen sollten alle für die Fragestellung relevanten Informationen enthalten. Folgende Kategorien können dabei gebildet werden:

 

  • thematische Zuordnung
  • Geolokalisierung/Ort
  • Bewertungskategorie (Bedarfe, Stärken, Schwächen, Visionen)

Aufnahmen von Schüler*innen im Pankower Komponistenviertel zur Bewertung ihres Schulumfelds.
Quelle: Eigene Fotos

Auszug einer Soll-Ist-Tabelle, Quelle: Eigene Darstellung

Nutzung der Aufnahmen

Die Bilder sollten möglichst nicht nur zur empirischen Verwendung genutzt, sondern z. B. Entscheidungsträger*innen in Politik und Verwaltung in gezielten Formaten präsentiert oder in Form einer Ausstellung öffentlich zugänglich gemacht werden. Die Vorstellung der Ergebnisse kann z. B. bei Straßenfesten oder anderen Veranstaltungen stattfinden, um ein möglichst breites Publikum anzusprechen.

Weiterführende Literatur

BBSR – Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (Hrsg.) (2022)

Mobilikon: Umsetzungshilfe Photovoice. 

URL: www.mobilikon.de/umsetzungshilfe/photovoice 

 

Hausigke, S., Mussack, P. T., Buchmann, L. (2023)

Photovoice. Methodische Vorgehensweise und Ergebnisse in Berlin-Pankow. Technische Universität Berlin, Fachgebiet Integrierte Verkehrsplanung. 

doi: doi.org/10.5281/zenodo.7626054 

 

Kuratani, D., Lai, E. (2011)

TEAM Lab – Photovoice Literature Review, University of Southern California.

URL: teamlab.usc.edu/teamblog/september-2011/two-new-literature-reviews-posted-on-september-06-2011/ 

 

Landwehr, J., Kolip, P. (2021)

Photovoice als Forschungsmethode mit Kindern. In: Prävention und Gesundheitsförderung 16, S. 75–80. doi: 10.1007/s11553-020-00782-0

 

Wang, C., Burris, M. A. (1997)

Photovoice: Concept, Methodology, and Use for Participatory Needs Assessment. In: Health Education & Behavior. 24(3), S. 369–387. 

doi: 10.1177/109019819702400309

 

Wihofszky, P., Hartung, S., Allweiss T., Bradna, M., Brandes, S., Gebhardt, B., Layh, S. (2020)

Photovoice als partizipative Methode: Wirkungen auf individueller, gemeinschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene. In: Hartung, S., Wihofszky, P., Wright, M. T. (Hrsg.) (2020): Partizipative Forschung: Ein Forschungsansatz für Gesundheit und seine Methoden. Springer Nature, Wiesbaden. S. 85–141.

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