Projektbeirat

Entscheidungsfindungsmethode (qualitativ)

Ziel der Methode

Beiräte sind ein relativ neues Instrument der Beteiligung, das jedoch immer häufiger zum Einsatz kommt, auch in der Verkehrsplanung. Meist werden Beiräte über einen begrenzten Zeitraum und zu bestimmten Schwerpunktthemen eingerichtet, um lokales oder thematisches Expert*innenwissen und Erfahrungen zu einem geplanten Projekt verfügbar zu machen. Die Beiratsmitglieder nehmen dabei eine beratende Funktion ein und engagieren sich ehrenamtlich. Die verschiedenen Perspektiven aus dem Projektbeirat sollen dabei helfen, Anforderungen an die Planung frühzeitig zu identifizieren und im weiteren Verlauf besser berücksichtigen zu können. Sie sind sozusagen Seismographen für die Stimmung und Bedarfe im Viertel. Die Einrichtung eines Beirates kann aber auch zu einer Legitimierung geplanter Maßnahmen führen: Einerseits ist die aktive Mitwirkung oft identitätsstiftend und kann somit bei den Beiratsmitgliedern selbst zu einer positiven Einstellung führen. Andererseits können die transparente Kommunikation der Ergebnisse der Beiratssitzungen und die Berufung auf Empfehlungen oder Beschlüsse des Beirats auch in der Bevölkerung für eine höhere Zustimmung sorgen.

 

Bisher üblich ist der Einsatz von Expert*innenbeiräten. Insbesondere bei Großprojekten werden diese gern eingesetzt, um den verschiedenen, von der Planung betroffenen Akteursgruppen eine Stimme zu geben und ihre Expertise in den Prozess einfließen zu lassen. Bei kleineren Projekten oder der Entwicklung von Nahmobilitätskonzepten bietet sich aber auch die Einrichtung eines projektbegleitenden Beirats aus der Bürger*innenschaft an. Im Vergleich zu Expert*innengremien liegt der Fokus dann deutlich stärker auf Expertise im Sinne von lokalem Wissen.

Zielgruppe

Anwohner*innen und Menschen, die vor Ort ein Gewerbe, eine Praxis oder ähnliches betreiben, bewegen sich täglich im Untersuchungsgebiet fort und beobachten Situationen und Dinge, die durch konventionelle Verkehrserhebungsmethoden kaum zu erfassen sind. Ihr lokal-spezifisches Alltags-Wissen kann dabei helfen, Mobilitätsmaßnahmen unter Berücksichtigung der örtlichen Bedarfe und Gegebenheiten zu entwickeln. Sie stehen darüber hinaus im Austausch mit ihren Nachbar*innen – ob nun sporadisch oder täglich, ob lediglich in ihrer Hausgemeinschaft oder im ganzen Viertel. So können sie nicht nur die Stimmungslage vor Ort einschätzen und Ansprechpartner*innen für Hinweise in Richtung Verwaltung sein, sondern auch Informationen über Planungen und aktuelle Entwicklungen, die sie in den Beiratssitzungen erhalten, weiter in die Nachbarschaft tragen. Um ein umfassendes Bild der Situation und der Mobilitätsbedarfe vor Ort zu erhalten, sollten bei der Auswahl der Projektbeiratsmitglieder gezielt unterschiedliche Gruppen angesprochen werden. 

Vorgehensweise

1. Zu Beginn müssen die Rahmenbedingungen des Projektbeirats klar abgesteckt werden. Folgende Fragen sollten dabei geklärt werden:
  • Was ist die Rolle des Projektbeirats? 
  • Welche Befugnisse hat er? 
  • Wie fließen die Ergebnisse der Beiratssitzungen in die weitere Planung ein?
  • Über welchen Zeitraum hinweg soll der Projektbeirat eingesetzt werden?
  • In welcher Häufigkeit kommt der Beirat zusammen (z. B. regelmäßig alle zwei Monate oder unregelmäßig an projektrelevanten Punkten)?
  • Wie viele Mitglieder soll der Beirat haben?
  • Wer koordiniert und moderiert den Beirat?
  • Wer nimmt an den Sitzungen teil?
2. Steht die Ausgestaltung des Projektbeirats fest, kann mit der Akquise der Mitglieder begonnen werden. Dafür bietet sich eine öffentliche Ausschreibung an (siehe Akquise der Teilnehmenden).
 
3. Nach Auswahl der Beiratsmitglieder sollte der Projektbeirat zeitnah zu einer ersten, konstituierenden Sitzung zusammenkommen. Für eine transparente und vertrauensvolle Zusammenarbeit werden hier die Rahmenbedingungen gemeinsam besprochen und abgestimmt.

Zu beachten  

  • Als Anwohner*innen sind die Beiratsmitglieder Expert*innen für die lokale Perspektive. Wichtig ist dabei, dass sie nicht nur ihre eigenen, individuellen Bedürfnisse im Blick haben, sondern verschiedene Akteursgruppen repräsentieren und somit stellvertretend auch die Bedarfe, Probleme und Anregungen anderer Personen in den Beiratssitzungen einbringen.
  • Wenn die Hinweise aus dem Beirat nicht ernst genommen werden, kann schnell der Eindruck einer Scheinbeteiligung entstehen. Deswegen ist es wichtig, von Anfang an klar zu kommunizieren, inwiefern die Ergebnisse der Projektbeiratssitzungen in die weitere Planung einfließen. 
  • Lange Phasen ohne Fortschritte in einem Projekt und ohne relevante Aufgabe für den Projektbeirat können zu Ermüdung führen.
  • Ehrenamtspauschalen oder Aufwandsentschädigungen können die Verbindlichkeit zur Teilnahme an den Beiratssitzungen erhöhen und ein eigenständiges Engagement über die Sitzungen hinaus anregen.

Akquise der Teilnehmenden

Zur Akquise der Beiratsmitglieder bietet sich eine öffentliche Ausschreibung an. Im Hinblick auf eine möglichst diverse Zusammensetzung des Beirats ist es wichtig, neben klassischen Kanälen wie Zeitung und Social Media auch lokal-spezifische Kommunikationskanäle (z. B. Aushänge und Flyer, Newsletter von lokalen Vereinen und Initiativen) zu nutzen. Je nach Projektschwerpunkt können über einen kurzen Bewerbungsbogen Informationen abgefragt werden, die bei der Auswahl der Beiratsmitglieder helfen. Um möglichst verschiedene Mobilitätsbedarfe zu repräsentieren kann neben einer Vielfalt in Bezug auf Alter, Gender, Migrationsbiografie und Bildungshintergrund auch darauf geachtet werden, folgende Gruppen im Beirat vertreten zu haben:
 
  • Menschen mit eingeschränkter Mobilität
  • Vertreter*innen von Schulen und Kitas
  • Gewerbe, Handel und Dienstleistungen
  • Bürger*inneninitiativen und -verbände
Der Auswahlprozess sollte transparent kommuniziert werden.

Einblicke in die Praxis

Gemeinsame Kiezbegehung im Kiezblock Komponistenviertel mit Vertreter*innen aus dem Projektbeirat und der Bezirksverwaltung. Quelle: Leon Zens

Um die lokale Perspektive in die Entwicklung des­­­ ­ersten ­Pankower Kiezblocks einzubringen, wurde ein Projektbeirat aus Anwohner*innen im Komponisten­viertel eingerichtet. Neben den regulären Beirats­­­­­­­­sitz­­ungen fand eine gemeinsame Kiezbegehung zur Ermittlung von Gefahrenstellen im Viertel statt (vgl. Abbildung 12). Außerdem agierte der Beirat als Jury für einen öffentlichen Wettbewerb zur Förderung von Maßnahmen zur Gestaltung des öffentlichen Raums.

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